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Matthias Claudius in Darmstadt

Matthias Claudius (1740-1815)

Für Matthias Claudius war die wichtigste Bezugsperson sein Zeitgenosse Johann Gottfried von Herder (1744-1803) aus der Freimaurerloge „Zum Schwert“ aus Riga. Ein anderer Prominenter seiner Zeit war Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) aus der Freimaurerloge „Amalia“ aus Weimar. Mit ihm hat sich Claudius auf professioneller Ebene nicht ganz verstanden. Während Claudius Aufenthalt am Westensee bei Kiel auf Gut Emkendorf hat Goethe ihn besucht und ist eine Weile geblieben. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Gut dem Grafen Reventlow gehörte. Durch die Heirat seines Sohnes Fritz mit Julia, der Tochter des Grafen Schimmelmann, entsteht eine weitere freimaurerische Verbindung zu Claudius, denn Schimmelmann war Mäzen und der Geldgeber des Wandsbeker Boten, bei dem Claudius tätig war. Sein Schwiegersohn Friedrich Christoph Perthes war ebenfalls Freimaurer. Die Bekanntschaft zu Perthes war durch den Philosophen und Freimaurer Friedrich Heinrich Jacobi vermittelt worden. Perthes war wiederum mit Runge befreundet, der ebenfalls der Freimaurerei angehörte.

Relevant für Claudius war, dass einer seinen engsten Freunde der Dichter und Übersetzer von Homers Odyssee und Ilias – Johann Heinrich Voß – in der Freimaurerloge »Zu den drei Rosen« Mitglied war. Nach den freimaurerischen Unterlagen soll er derjenige gewesen sein, der Claudius zur Freimaurerei gebracht hat. Andere Quellen nennen den Grafen Christian von Haugwitz als Impulsgeber. Der damalige Vorsitzende Meister der Freimaurerloge »Zu den drei Rosen« war der bekannte Arzt Jacob Mumssen. Er wurde in Leipzig aufgenommen aber schon ab 1771 als Mitglied der Freimaurerloge »Zu den drei Rosen« geführt. Spannend ist die Tatsache, dass sowohl Mumssens Wechsel wie auch Gotthold Ephraim Lessings Ablehnung bei derselben Freimaurerloge im selben Jahr stattfanden.

Claudius schien seit längerem ein Interesse an der Freimaurerei gehabt zu haben. Gerade durch die Zusammenarbeit mit Johann Joachim Christoph Bode – der nicht nur sein Verleger aber auch Vorsitzender Meister der Hamburger Freimaurerloge „Absalom zu den drei Nesseln“ war – fand er immer wieder Berichte in dem Wandsbeker Boten über die Aktivitäten der Freimaurer. Er wurde im Alter von 34 Jahren in die Freimaurerloge „Zu den drei Rosen“ aufgenommen. Im Matrikelbuch steht: Br. Matthias Claudius wurde als Philosophiae Studiosus in unsere Loge Zu den drei Rosen aufgenommen, zum Gesellen befördert, zum Meister erhoben am 12.8.1774 und in der ältesten Matrikel unser Loge unter Nr. 104 geführt. Wahrscheinlich erblickte Claudius das maurerische Licht im Gasthof Stadt Kopenhagen vor dem Dammtor. Aus den freimaurerischen Akten wissen wir, dass hier auch die Freimaurerlogen „Zur goldenen Kugel“ und „Zum Rothen Adler“ gearbeitet haben. Aus heutiger Sicht wirkt es etwas befremdlich, dass ein Freimaurer am selben Abend in den ersten drei Graden aufgenommen wird, aber es scheint damals gängige Praxis gewesen zu sein, denn auch Gotthold E. Lessing und Friedrich dem Großen erging es ähnlich.

Durch Vermittlung Herders ging Matthias Claudius 1776 als Obercommissarius zur Oberlandkommission nach Darmstadt. Ab Anfang 1777 war er auch Redakteur der Hessen-Darmstädtischen privilegirten Land-Zeitung. Die Reise des Dichters nach Darmstadt passt zeitlich zur Entstehungszeit seines berühmten Abendlieds. „Der Mond ist aufgegangen“ ist eines der am meisten abgedruckten deutschen Lieder. 78 verschiedene Vertonungen existieren. Es ist zugleich Abendlied, Kinderlied, Kirchenlied und Volkslied. Einen Platz in Darmstadt, um sein Werk zu huldigen, gibt es am Schnampelweg, am Waldesrand mit dahinplätscherndem Darmbach, mit Bank und Widmung aber ohne Claudius-Eiche. Dort wo sie einst gestanden hat, ist dem Dichter und dem Abendlied heute eine Tafel gewidmet.

Bank, Widmung und Tafel mit dem Text des Abendliedes aber ohne Claudius-Eiche

1764 bestand in Hessen-Darmstadt eine Freimaurerloge namens »Zur weißen Taube«, die der Strikten Observanz angehörte. Dem Gründer der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland (1770) Kellner von Zinnendorf wurde seitens der Großen Loge von London (die heutige UGL) angeraten, sich für das Amt des Landesgroßmeisters ein Mitglied eines regierenden Hauses zu suchen. Wie sein Vater und sein Großvater war Prinz Ludwig Georg Karl von Hessen-Darmstadt ebenfalls Freimaurer und Mitglied der Strikten Observanz sowie Mitglied des geistlichen Zweiges der Strikten Observanz, dem Klerikat. 1771 trat Prinz Ludwig Georg Karl der Freimaurerloge „Zur weißen Taube“ in Darmstadt bei. Vom 10. Juni 1973 bis 27. September 1774 war er Landesgroßmeister der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Das war aber nur dadurch möglich geworden, indem am 27. März 1772 die Freimaurerloge namens „Zur weißen Taube“ zur Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland wechselte.

Claudius und Zinnendorf trafen sich in Darmstadt, weil Zinnendorf Anfang 1777 die Freimaurerloge „Zur weißen Taube“ besuchte. Es bleibt aber bis heute unklar, ob Claudius in Verbindung mit der Darmstädter Freimaurerloge „Zur weißen Taube“ stand. Er sah den Sinn der Freimaurerei über die Geselligkeit hinaus auch in der »wahre(n) Besserung des Lebens« und den besonderen Erkenntnissen, die vermittelt werden. »Ich wollte, die Wahrheit zu sagen, dass ich wüsste, was Sie wissen…« gestand Claudius dem Gründer der Großen Landesloge als sie sich in Darmstadt trafen. Als ein Zeugnis seiner inneren Haltung kann z.B. sein Schlusslied (1776) verstanden werden.

Claudius kehrte bereits nach einem Jahr mit seiner Familie nach Wandsbek zurück denn er war beruflich in Darmstadt unglücklich. Um seine Finanzen aufzubessern, stellte er rasch den dritten Teil seiner sämtlichen Werke zusammen. In der Ankündigung versprach er mehr Umfang als er tatsächlich liefern konnte. Er hatte zwar das Abendlied aus Darmstadt im Gepäck aber es sollte nicht in diesem Band deplatziert untergehen. Der immense Erfolg seines Abendlieds spricht für dieses Vorgehen.

Drei Jahre nach seiner Initiation wurde Claudius auch in die Andreasgrade aufgenommen. Als Mumssen 1777 die Andreasloge „Fidelis“ gründete, wurde Claudius drei Jahre lang der Redner der Andreasloge. Jacob Mumssen war von 1777 bis 1780 Landesgroßmeister der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Wir wissen nicht, weshalb sich mit der Zeit Claudius von der aktiven Freimaurerei zurückzog. In den bislang bekannten Briefen sind darüber keinerlei Hinweise zu finden. In den Matrikeln der Loge „Zu den drei Rosen“ ist sein Name allerdings noch mehrere Jahre lang aufgeführt, schließlich jedoch stillschweigend gestrichen worden. Eine mögliche Erklärung könnte vielleicht mit dem Grafen Christian von Haugwitz zusammenhängen, der auf seinem Familiengut einen Bund der Kreuzfrommen oder Johannis-Vertrauten mit den Grafen Friedrich Leopold und den Grafen Christian zu Stolberg-Stolberg, wie auch Carl von Hessen und Ferdinand von Braunschweig gründete, dem Claudius – laut Haugwitz – 1784 beitrat. Sein freimaurerisches System war bis mindestens 1797 aktiv. Damit war Claudius etwa acht Jahre aktiver Freimaurer. Am 21. Januar 1815 starb er im Hause seines Schwiegersohnes und am 25. Januar 1815 trug man ihn in Wandsbek zu Grabe.

Seit dem Stiftungsfest 2013 bestand eine besondere Partnerschaft zwischen der Darmstädter Freimaurerloge „Zum flammenden Schwert“ (1921) und der Hamburger Freimaurerloge „Matthias Claudius“ (1892). Sie waren beide Tochterlogen der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Nicht nur der Bezug über Matthias Claudius zu Darmstadt ist Basis dieser Partnerschaft, sondern beide Freimaurerlogen verband eine innige und langjährige Freundschaft.